Die amerikanische Anthropologin T. M. Luhrmann hat im April 2013 einen Artikel in der New York Times veröffentlicht, in dem sie eine interessante Beobachtung macht: Ihr Beiwohnen in evangelikalen Gottesdiensten und ihre entsprechenden Untersuchungen haben ihr gezeigt, dass der Umgang vieler Christen mit Gott, ihre Art zu beten, Gott das Herz auszuschütten, in kleinen Gruppen füreinander zu beten und tatsächlich mit Gott Zwiegespräch zu führen, ganz viele Ansätze moderner Therapie beinhaltet.
Dieses Vorgehen, Gott als himmlischen Therapeuten anzusehen mag einigen Menschen naiv und unreflektiert vorkommen, ist in Wirklichkeit aber außerordentlich hilfreich für das überwinden von Unglück. Luhrmann schreibt:
This may seem theologically simple-minded — indeed, even some evangelical Christians find it so. But there are lots of ways to explain things in this sophisticated, scientifically aware society. What churches like these offer is a way of dealing with unhappiness. Tragedy, and prayers that apparently go unanswered, can actually strengthen believers’ sense of a bond with God. That’s when they feel that they most need Him.
Für Luhrmann ist aber genau das die Stärke des evangelikalen Christentums und einer der Gründe für sein kontinuierliches Wachstum in den letzten 40 Jahren.
Ich glaube es wäre falsch zu behaupten, dass unsere Art zu beten und unsere Beziehung zu Gott nichts anderes ist wie geistliche Psychotherapie. Vielmehr hat die Psychoterapie in den letzten Jahrzenten entdeckt, was gläubige Menschen schon seit Jahrtausenden leben und erleben: die Sorge um ihr Inneres und die bewusste Auseinandersetzung mit ihrer Seele.
Den ganzen Artikel findet man hier.