Einige Gedanken zu den drei bekannten Gleichnissen vom verlorenen Schaf, der verlorenen Münze und dem verlorenen Sohn in Lukas 15:
Drei Verse sind mir in diesem Kapitel besonders ins Auge gesprungen, auf die ich bisher wenig Augenmerk gelegt habe:
V 6 Dann ruft er seine Freunde und Nachbarn zusammen und sagt zu ihnen: ‚Freut euch mit mir! Ich habe mein verlorenes Schaf wiedergefunden!‘
V 9 Und wenn sie sie dann gefunden hat, ruft sie ihre Freundinnen und Nachbarinnen zusammen und sagt zu ihnen: ‚Freut euch mit mir! Ich habe die verlorene Drachme wiedergefunden!‘
V 32 Jetzt mussten wir doch feiern und uns freuen! Denn dein Bruder war tot und ist ins Leben zurückgekommen, er war verloren und ist nun wiedergefunden.'“
Es ist für uns ein ungewöhnlicher Gedanke, dass ein Hirte oder eine Hausfrau beim Wiederfinden einer wertvollen Sache gleich den Nachbarn Bescheid gibt, um mit ihnen ihre Freude zu teilen. Stellt euch vor, ihr habt einen Ohrring (oder die TV Fernbedienung als Mann… 😉 verloren und nach längerer Suche findet ihr sie wieder. Wer würde da bei den Nachbarn klingeln und ihnen von der Freude des Wiederfindens berichten und noch gleich eine Flasche Sekt mitbringen?
Aber trotzdem haben diese Verse etwas Anregendes: Freude will geteilt werden. Freude will sich zeigen, Freude möchte nicht alleine bleiben. Der Vater im Text kann es drastisch formulieren: …jetzt müssten wir doch feiern und uns freuen.
Es entspricht nicht gerade der deutschen Mentalität (im Gegensatz zu den Orientalen der Bibel), die Freude nach aussen zu tragen. Oft trägt man sie nicht einmal auf dem Gesicht. Ich werfe uns da ein gewisses Mass an emotionaler Impotenz vor. Es geht mir nicht um die dumpfe Freude auf der Wiesn oder der Bergkirchweih. Es geht um die Fähigkeit, echte Freude zu empfinden bei beglückenden Erfahrungen und diese auch zu zeigen. Ich habe den Eindruck je intellektueller mein Umfeld, desto mehr muss ich mich für meine kindliche Freude oder Begeisterung rechtfertigen. Begeisterung ist dann schnell Naivität, die erst noch durch die Einwirkung meiner Rationalität abgekühlt und versachlicht werden muss. Der ältere Bruder hat ja auch ein ganzes Arsenal an Argumenten auf Lager, warum man sich jetzt nicht einfach so freuen kann.
Selbstbeherrschung ist nicht immer Zeichen besonderer Klugheit, sondern in Bezug auf Freude und Begeisterung vielleicht davon, meine Gefühle zu sehr beherrschen zu wollen, um nicht unüberlegt, unbedacht oder unreif zu wirken.
Ich möchte uns einladen im Privaten und als Gemeinde unsrer Freude über das Schöne, das uns begegnet, Ausdruck zu verleihen, sie zu zeigen, und mehr zu feiern!
Warum nicht wirklich die Flasche Sekt mitbringen?
Was würde das aus unseren Häusern machen? Und aus unseren Gottesdiensten…?
Jetzt mussten wir doch feiern und uns freuen!